"Kill Me Today, Tomorrow I'm Sick!", hieß der politisch brisanteste Spielfilm des Festivals. In ihm schildern die Regisseure Joachim Schroeder und Tobias Streck den Aberwitz des langen, ungeheuer teuren Friedenseinsatzes im Kosovo im Gewand einer schrillen Satire, der fast nichts heilig ist. Man sieht eitle OSZE-Helfer und mafiaartig organisierte Kämpfer der Kosovo-Albaner; es gibt Schockbilder von Morden, die aus rassistischem Hass verübt werden, und kabarettistisch aufgemotzte Szenen aus dem Bürokratenalltag im Lager der internationalen Friedenstruppe. Karin Hanczewski spielt eine erst naive und bald hartgesottene deutsche OSZE-Frau, Carlo Ljubek ein charmantes Schlitzohr, das sich an ihre Seite drängt. Schröder und Streck liefern einen zynischen, manchmal schreiend komischen, im Herz aber verzweifelten Lagebericht über die Hilflosigkeit der Vernünftigen. Restlos alle Gutwilligen werden hier ihrer Weltverbesserungshoffnungen beraubt. (Wolfgang Höbel)
Auszüge:
Was für unglaubliche Schauspieler wir haben, wenn sie Filme wie diesen bekommen, in denen sie ihre Spiellust und ihr
Können loslassen dürfen: Hanczewski und Ljubek sind das Zentrum des Films. Man möchte sagen, Ljubek spielt die
Rolle seines bisherigen Lebens. Es gelingt ihm alles: Macho-Coolness, Witz, Bauernschläue, Selbstironie, Trauer,
Melancholie und auch Wut.
Lange habe ich nicht so einen souveränen Ritt auf sämtlichen Rasierklingen der Uncorrectness gesehen. Und Karin
Hanczewski entblättert ihre Schichten eine nach der anderen: von der anfänglichen Empörung der Philanthropin zu
entwaffnender Raffinesse in der Durchsetzung ihrer Ziele.
...
An die Stelle der Schönredner, Gesundbeter oder Hetzer müsste international längst ein gesunder Pragmatismus treten,
völlig desillusioniert, elegant kettenrauchend und realitätsnah: Die Plakas dieser Welt müssen ran. Er ist eine Art Bruder
Courage mit Brecht‘schem Realitätssinn. Ein Hoffnungsschimmer.
...
Was auf den ersten Blick daherkommt wie ein überraschendes Ufo des deutschen Kinos, ist in Wahrheit ein fulminantes
Lebenszeichen, eine Satire ohne ethische Gebrauchsanweisung.
...
Die beiden Regisseure hatten alle Hände voll zu tun, mit dem knappen Budget hinzukriegen, was ihr gewaltiges
Drehbuch sich vorgenommen hatte. Sie entledigen sich der Aufgabe mit Unbefangenheit und kinematographischer
Direktheit. Hier und da gibt es vielleicht ein paar erzwungene Defizite in der Oberflächenperfektion und
Fleischwerdung des Irrsinns – aber man wird stets mit dem nächsten funkelnden Dialog getröstet.
...
Eine ordentliche Portion Übermut der Verzweiflung und grimmiger Humor ohne Rücksicht auf Verluste ergeben hier
humanistische Haltung ohne jeden Moral-Kitsch, erzählt in einem Ton, der angesichts der Leichenberge auch eine
Anklage der ewigen Welt-Dummheit ist.
"So ein wunderbarer Film. Ohne Furcht vor Denkbarrieren und kühn in der Nähe von Komik und Tragischem. Man lacht, ist erschüttert und lacht wieder. Alles ist anders, als man es von einem deutschen Film über einen Krieg und die Friedensbemühungen der „Internationals“ erwartet. Und großartige Schauspieler, ganz besonders Carlo Ljubek, den sonst nur die Hamburger in ihrem Schauspielhaus sehen dürfen."
"Das war ein prima Abend im Babylon! Herzlichen Glückwunsch zu dem Premierenerfolg! Der Film hat mir sehr gefallen. Einerseits die rasante fiktive Handlung, andererseits die wirklichkeitstreue Darstellung der albanisch-serbischen Realität. Die beißende und teils nur allzu berechtigte Ironie in der Beschreibung der internationalen Helfer erinnert an Danis Tanovićs „No Man‘s Land“. Andererseits erwähnt der Film auch wichtige OSZE-Projekte wie das Opferidentifizierungsprogramm und das Frauenhaus."
"Was für ein Film! Hier gehen Tragödie und Komödie Hand in Hand, noch die absurdesten Szenen sind im Grunde todtraurig. Wären da nicht zwei Schlitzohren, die das Herz erwärmen: Plaka und Burim, Albaner und Bosniake. Manche Männer machen Probleme. Plaka und Burim lösen sie. Ein Film über das Drama Kosovo, der die Zuschauer glücklich zurücklässt? Geht. Nach der Premiere waren selbst die sonst so Kritischen begeistert."
"Das ist ja gewaltverherrlichend, sowas darf höchstens Tarantino!"
(Unser Film hat eine FSK 16 -Empfehlung)
Lachen mit Schusswunde
"„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick“ verdient viele Zuschauer. Der Film zeigt, dass eine Geschichte gleichzeitig wichtig, komisch und blutig ernst sein kann."
"Der Film zeichnet nicht nur die Umrisse des erbarmungslosen Kosovo-Konfliktes, sondern liefert auch ein Sittenbild der „neuen Welt-Klasse“ der rapide wachsenden supranationalen Organisationen. Niemand hat sie gewählt, und sie haben keine Basis, der sie sich ernsthaft verantworten müssten. Sie wechseln vom IRK zur WHO, vom WWF zum IWF, von der OSZE zur OECD und zurück."
über den Film:
"Wir hatten das Glück dessen Premiere gestern im prall gefüllten Berliner
Kino Babylon zu erleben. Mit einem Wort: großartig! Man lacht, man
weint, man ist fassungslos, man ist gerührt, man ärgert sich, man ekelt
sich, man freut sich, man trauert - ein Wirbelwind der Gefühle,
vorangetrieben durch die großartigen Hauptdarsteller und durch eine
Musik mit so viel Drive, dass man sich keine Sekunde entziehen konnte."
Der Film arbeitet die Schattenseiten solcher friedensschaffenden und -erhaltenden Missionen, egal ob UN, NGO oder Militär deutlich heraus.
In diesem Zusammenhang war für mich die Szene mit der "lieben" Anna im Mini-Markt ein absolutes Highlight: Keine Ahnung, keine kulturelle Vorbildung - aber ganz Großes im Sinn. Sie glauben ja garnicht, wieviele Probleme genau durch solche unbeabsichtigte Fehltritte in den Einsätzen entstehen.
Auch wenn der Film sehr gute satirische Momente hat - wenn man Ähnliches erlebt hat, bleibt einem die im Film untergründig vorhandene Kapitulation vor der "Macht des Faktischen" nicht verborgen.
Ein großes Lob an alle Darsteller, besonders an die, die Einheimischen darstellen. Der Riß, der durch Pogrome und Kriegsverbrechen durch solche gebeutelten Gesellschaften geht, wird von ihnen beklemmend dargestellt.
Ich habe selbst in Sarajevo erleben dürfen, zu welchen Zivilisationsbrüchen das führen kann."
"So wird hier ungeschminkt die Geschichte der neurotischen, ignoranten, korrupten und saturierten „Internationals“ erzählt, an deren Spitze der zynische OSZE-Diplomat Christian Zoet (Joachim Steinhöfel) steht, ergänzt um den abgeklärten Journalisten Gorsky (Henryk M. Broder)."
„Über die Selbstgerechtigkeit und Naivität von internationalen Organisationen und ihren Funktionären könnte man bestimmt noch 1.000 Filme machen. Gut, dass es jetzt schon mal einen – und dazu noch einen sehr gelungenen – gibt.“
"Hier verliert der brave Deutsche seine Illusionen: Auf dem Tagebuch einer realen OSZE-Aktivistin beruht der Stoff, den die Regisseure lang, aber flott, mit so viel makabrem Humor wie Horror ausbreiten. „Der OSZE“, geben sie in Hof zu, gefällt der Film nicht." Das glaubt man gern."
Aus der Jurybegründung: „Carlo Ljubek spielt das draufgängerische Schlitzohr, den Komiker mit tieferem Wissen von aller Tragik auf den Punkt, so perfekt und glaubwürdig, dass man ihn am liebsten sofort wieder in dieser Paraderolle sehen würde.“
Aus der Jurybegründung: „Der Film überzeugt als vielschichtiger Mix aus unsentimentalem Melodram mit satirischen Elementen und packendem Doku-Drama, der grundiert ist von den authentischen Tagebuchaufzeichnungen einer OSZE-Aktivistin."
"Kill Me Today, Tomorrow I'm Sick!", hieß der politisch brisanteste Spielfilm des Festivals. In ihm schildern die Regisseure Joachim Schroeder und Tobias Streck den Aberwitz des langen, ungeheuer teuren Friedenseinsatzes im Kosovo im Gewand einer schrillen Satire, der fast nichts heilig ist. Man sieht eitle OSZE-Helfer und mafiaartig organisierte Kämpfer der Kosovo-Albaner; es gibt Schockbilder von Morden, die aus rassistischem Hass verübt werden, und kabarettistisch aufgemotzte Szenen aus dem Bürokratenalltag im Lager der internationalen Friedenstruppe. Karin Hanczewski spielt eine erst naive und bald hartgesottene deutsche OSZE-Frau, Carlo Ljubek ein charmantes Schlitzohr, das sich an ihre Seite drängt. Schröder und Streck liefern einen zynischen, manchmal schreiend komischen, im Herz aber verzweifelten Lagebericht über die Hilflosigkeit der Vernünftigen. Restlos alle Gutwilligen werden hier ihrer Weltverbesserungshoffnungen beraubt. (Wolfgang Höbel)
Auszüge:
Was für unglaubliche Schauspieler wir haben, wenn sie Filme wie diesen bekommen, in denen sie ihre Spiellust und ihr
Können loslassen dürfen: Hanczewski und Ljubek sind das Zentrum des Films. Man möchte sagen, Ljubek spielt die
Rolle seines bisherigen Lebens. Es gelingt ihm alles: Macho-Coolness, Witz, Bauernschläue, Selbstironie, Trauer,
Melancholie und auch Wut.
Lange habe ich nicht so einen souveränen Ritt auf sämtlichen Rasierklingen der Uncorrectness gesehen. Und Karin
Hanczewski entblättert ihre Schichten eine nach der anderen: von der anfänglichen Empörung der Philanthropin zu
entwaffnender Raffinesse in der Durchsetzung ihrer Ziele.
...
An die Stelle der Schönredner, Gesundbeter oder Hetzer müsste international längst ein gesunder Pragmatismus treten,
völlig desillusioniert, elegant kettenrauchend und realitätsnah: Die Plakas dieser Welt müssen ran. Er ist eine Art Bruder
Courage mit Brecht‘schem Realitätssinn. Ein Hoffnungsschimmer.
...
Was auf den ersten Blick daherkommt wie ein überraschendes Ufo des deutschen Kinos, ist in Wahrheit ein fulminantes
Lebenszeichen, eine Satire ohne ethische Gebrauchsanweisung.
...
Die beiden Regisseure hatten alle Hände voll zu tun, mit dem knappen Budget hinzukriegen, was ihr gewaltiges
Drehbuch sich vorgenommen hatte. Sie entledigen sich der Aufgabe mit Unbefangenheit und kinematographischer
Direktheit. Hier und da gibt es vielleicht ein paar erzwungene Defizite in der Oberflächenperfektion und
Fleischwerdung des Irrsinns – aber man wird stets mit dem nächsten funkelnden Dialog getröstet.
...
Eine ordentliche Portion Übermut der Verzweiflung und grimmiger Humor ohne Rücksicht auf Verluste ergeben hier
humanistische Haltung ohne jeden Moral-Kitsch, erzählt in einem Ton, der angesichts der Leichenberge auch eine
Anklage der ewigen Welt-Dummheit ist.
"So ein wunderbarer Film. Ohne Furcht vor Denkbarrieren und kühn in der Nähe von Komik und Tragischem. Man lacht, ist erschüttert und lacht wieder. Alles ist anders, als man es von einem deutschen Film über einen Krieg und die Friedensbemühungen der „Internationals“ erwartet. Und großartige Schauspieler, ganz besonders Carlo Ljubek, den sonst nur die Hamburger in ihrem Schauspielhaus sehen dürfen."
"Das war ein prima Abend im Babylon! Herzlichen Glückwunsch zu dem Premierenerfolg! Der Film hat mir sehr gefallen. Einerseits die rasante fiktive Handlung, andererseits die wirklichkeitstreue Darstellung der albanisch-serbischen Realität. Die beißende und teils nur allzu berechtigte Ironie in der Beschreibung der internationalen Helfer erinnert an Danis Tanovićs „No Man‘s Land“. Andererseits erwähnt der Film auch wichtige OSZE-Projekte wie das Opferidentifizierungsprogramm und das Frauenhaus."
"Was für ein Film! Hier gehen Tragödie und Komödie Hand in Hand, noch die absurdesten Szenen sind im Grunde todtraurig. Wären da nicht zwei Schlitzohren, die das Herz erwärmen: Plaka und Burim, Albaner und Bosniake. Manche Männer machen Probleme. Plaka und Burim lösen sie. Ein Film über das Drama Kosovo, der die Zuschauer glücklich zurücklässt? Geht. Nach der Premiere waren selbst die sonst so Kritischen begeistert."
"Das ist ja gewaltverherrlichend, sowas darf höchstens Tarantino!"
(Unser Film hat eine FSK 16 -Empfehlung)
Lachen mit Schusswunde
"„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick“ verdient viele Zuschauer. Der Film zeigt, dass eine Geschichte gleichzeitig wichtig, komisch und blutig ernst sein kann."
"Der Film zeichnet nicht nur die Umrisse des erbarmungslosen Kosovo-Konfliktes, sondern liefert auch ein Sittenbild der „neuen Welt-Klasse“ der rapide wachsenden supranationalen Organisationen. Niemand hat sie gewählt, und sie haben keine Basis, der sie sich ernsthaft verantworten müssten. Sie wechseln vom IRK zur WHO, vom WWF zum IWF, von der OSZE zur OECD und zurück."
über den Film:
"Wir hatten das Glück dessen Premiere gestern im prall gefüllten Berliner
Kino Babylon zu erleben. Mit einem Wort: großartig! Man lacht, man
weint, man ist fassungslos, man ist gerührt, man ärgert sich, man ekelt
sich, man freut sich, man trauert - ein Wirbelwind der Gefühle,
vorangetrieben durch die großartigen Hauptdarsteller und durch eine
Musik mit so viel Drive, dass man sich keine Sekunde entziehen konnte."
Der Film arbeitet die Schattenseiten solcher friedensschaffenden und -erhaltenden Missionen, egal ob UN, NGO oder Militär deutlich heraus.
In diesem Zusammenhang war für mich die Szene mit der "lieben" Anna im Mini-Markt ein absolutes Highlight: Keine Ahnung, keine kulturelle Vorbildung - aber ganz Großes im Sinn. Sie glauben ja garnicht, wieviele Probleme genau durch solche unbeabsichtigte Fehltritte in den Einsätzen entstehen.
Auch wenn der Film sehr gute satirische Momente hat - wenn man Ähnliches erlebt hat, bleibt einem die im Film untergründig vorhandene Kapitulation vor der "Macht des Faktischen" nicht verborgen.
Ein großes Lob an alle Darsteller, besonders an die, die Einheimischen darstellen. Der Riß, der durch Pogrome und Kriegsverbrechen durch solche gebeutelten Gesellschaften geht, wird von ihnen beklemmend dargestellt.
Ich habe selbst in Sarajevo erleben dürfen, zu welchen Zivilisationsbrüchen das führen kann."
"So wird hier ungeschminkt die Geschichte der neurotischen, ignoranten, korrupten und saturierten „Internationals“ erzählt, an deren Spitze der zynische OSZE-Diplomat Christian Zoet (Joachim Steinhöfel) steht, ergänzt um den abgeklärten Journalisten Gorsky (Henryk M. Broder)."
„Über die Selbstgerechtigkeit und Naivität von internationalen Organisationen und ihren Funktionären könnte man bestimmt noch 1.000 Filme machen. Gut, dass es jetzt schon mal einen – und dazu noch einen sehr gelungenen – gibt.“
"Hier verliert der brave Deutsche seine Illusionen: Auf dem Tagebuch einer realen OSZE-Aktivistin beruht der Stoff, den die Regisseure lang, aber flott, mit so viel makabrem Humor wie Horror ausbreiten. „Der OSZE“, geben sie in Hof zu, gefällt der Film nicht." Das glaubt man gern."
Aus der Jurybegründung: „Carlo Ljubek spielt das draufgängerische Schlitzohr, den Komiker mit tieferem Wissen von aller Tragik auf den Punkt, so perfekt und glaubwürdig, dass man ihn am liebsten sofort wieder in dieser Paraderolle sehen würde.“
Aus der Jurybegründung: „Der Film überzeugt als vielschichtiger Mix aus unsentimentalem Melodram mit satirischen Elementen und packendem Doku-Drama, der grundiert ist von den authentischen Tagebuchaufzeichnungen einer OSZE-Aktivistin."